21.05.2015

Suffocation Blues

Wenn man mich fragt, wieso ich still sein möchte. Frage ich mich das selbst. Ich bin müde, wenn ich noch so wach bin, von all den Worten. Da sind Buchseiten, Akten und Dokumente, noch viel öfter irgendwelche vergessenen Träume, die auf- und wieder abtauchen. Dann stehe ich vor diesem Haufen Papier, und wenn ich einmal nicht still bin, renne ich mitten hindurch. Dann spricht die Verwirrung aus mir. In meiner Vorstellung ist der Moment, in dem ich endlich einen Überblick über die Details habe, so nah. Ich weiß, dass erst das Fundament kommt, dann Stahlbeton, ich weiß, dass man die Wände erst am Schluss streicht. Aber wenn ich den Mund aufmache, fallen mir die Wörter aus. Es bleibt nicht mehr, als an einen Ort zu fliehen, an dem die Stimmen übersteuert und die Riffs laut sind. Wenn du mich dann fragst, wieso ich still sein möchte, werde ich sagen: damit ich die Musik besser hören kann. Ich habe mir diese paar Wörter zurechtgelegt, aber ich darf mich, während ich sie sage, auf keinen Fall umsehen, sonst regnet auch noch der Rest auf die Erde. Das hat nichts mit Ehrlichkeit oder Authentizität zu tun, denn die Worte, die ich selbst nicht tragen kann, sind Worte, die ich niemals eingeladen habe. Sie gehören nicht hierher. Es sind Eindringlinge, die Vakuum gewittert, an meiner nie abreißenden Vorstellung Blut geleckt haben. Wenn ich nicht still bin, werde ich versuchen, alles gleichzeitig zu sagen. Die Membranen zwischen der Wirklichkeit und meinem alternativen Ende sind diesmal zu dünn, um ein Risiko einzugehen. Nach aufgeben steht mir der Sinn nicht, und die einzige Alternative ist, sich durch die ganzen dunklen Ecken zu wühlen, in denen die leere Hülle der Gefühle von damals schon so heimisch ist wie Fledermäuse in ihren Höhlen. Solange jemand den Takt schlägt, finde ich schon den Weg nach Hause.

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